Pressemitteilung
Vor der eigenen Haustür kehren: Rassismus
Ein Kommentar von Tim-Oliver Kray, Beisitzer im Bundesvorstand der Jungen Ökologen
Ein Kommentar von Tim-Oliver Kray, Beisitzer im Bundesvorstand der Jungen Ökologen
Racial Profiling, schräges Anschauen, Nachteile bei Bewerbungen oder der Wohnungssuche, doofe Fragen nach der Herkunft, Witze, Gewalt. All dies gehört zum (Alltags)Rassismus.
Manche Leute schreiben gerade Texte und zeigen auf die USA. Bei uns in Deutschland laufe es ja viel besser, sagen sie. Bei uns werden Schwarze nicht erschossen. Mag sein, mag aber auch nicht sein. Im Endeffekt ist die Frage, wo es schlimmer ist, aber nicht sehr relevant. Wer immer auf die "Schlimmeren" zeigt, wird sich nie verbessern, weil er/sie sich nicht den eigenen Problemen stellt.
Wir müssen uns unserer Vergangenheit stellen. Wir müssen erkennen, dass auch wir eine koloniale Vergangenheit haben, dass aus Deutschland heraus im zweiten Weltkrieg rassistisches Gedankengut so viel Leid verursacht hat. Nein, dieses Gedankengut ist nicht spurlos verschwunden. Weder durch das Ende des Krieges noch durch den Tod der Menschen, die damals das Leid verursacht habe. Als privilegierter Mann kann ich nicht über Rassismus schreiben. Ich habe nie Erfahrungen rassistischer Ausgrenzung gemacht. Nie wurde ich aufgrund meiner Hautfarbe benachteiligt. Nie wurde mir deshalb Gewalt angetan. Ich kann daher nur über den eigenen unbequemen Umgang mit einem sozialisierten Rassismus schreiben. Über den Lernprozess von "Ich habe keine rassistischen Vorstellungen" über "Oh, vielleicht ist ja doch etwas da" über "Doch, da ist definitiv etwas. Woher kommen diese unbewussten Vorurteile und Verhaltensweisen?" zu "Ok, da ist etwas, das mir vorher nicht bewusst war und ich muss daran arbeiten".
Die meisten von uns sind keine Rassisten, aber die meisten tragen sozialisierten Rassismus in sich. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Er steckt in den eigenen Verhaltensweisen, Vorurteilen, rassistischen Wörter und ja, auch in Straßennamen.
Jetzt ist die Zeit, still zu sein, in sich zu schauen, zu reflektieren und zu erkennen, wo die eigenen Vorurteile liegen. Es ist Zeit sehr viel zuzuhören. Gerade jetzt stehen viele Schwarze und People of Color in Deutschland auf und berichten von ihren Erfahrungen. Sie legen den Finger in die Wunde, die wir doch allzu oft gerne vergessen, weil es unbequem ist. Dadurch können wir aber so viel lernen. Deshalb verlinke ich am Ende des Artikels Menschen, Beiträge, Interviews und Seiten, die mir beim Verständnis helfen und geholfen haben.
Die Fragen, die wir uns alle stellen sollten, sind unter anderem: Woher kommen die mal mehr mal weniger starken Ausprägungen gesellschaftlichen und individuellen Rassismus? Wie äußern sich diese Ausprägungen? Wie fördern wir mit unseren Worten eine Gesellschaft der Ausgrenzung und des Rassismus? Wie kann ich als Einzelperson, als Mitglied in einem Verein oder Partei, als Arbeitnehmer oder -geber oder als Person, die sogar politische Verantwortung trägt, dazu beitragen, dass wir zu einer toleranten und wertschätzenden Gesellschaft werden? Wie können wir die Würde eines jeden Menschen achten?
Und ja, es ist schwierig. Schwierig, weil wir uns alle für "gute" Menschen halten. Schwierig, weil die Erforschung der eigenen Vorurteile auch weh tun kann. Weil wir nicht wahrhaben wollen, dass wir diese Vorurteile haben. Weil wir uns dafür schämen. Aber wie heißt es so schön: "Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung"
Ein paar Interviews und Menschen, die mir beim Verständnis geholfen haben oder mir empfohlen wurden:
Linkliste: https://dailyblacktivism.carrd.co/
Interviews:
Autorin Alice Hasters - "Wir brauchen rassismus-kritische Bildung": https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=785563
Was können wir gegen Rassismus tun: https://www.n-joy.de/Aminata-Toure-was-koennen-wir-gegen-Rassismus-tun,audio698028.html
Buch: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/was-weisse-menschen-nicht-ueber-rassismus-hoeren-wollen/978-3-446-26425-0/
Twitter:
Instagram:
Seite über Alltagsrassismus: https://www.instagram.com/iseeracism/
Hörbuch:
EXIT RACISM - rassismuskritisch denken lernen (Ungekürzt): https://open.spotify.com/album/6LLl2tvQel0dJiTLQpTAUE?si=age6XMiOSR2BPi-hsOKYfQ