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persönlicher Kommentar

Demokratie darf nicht am Geld scheitern - Warum wir eine neue Sicht auf den Staatshaushalt brauchen.

Das Geld- und Finanzsystem ist ein sehr komplexes Thema. Es in Gänze zu erfassen, würde Bücher füllen. Ich möchte mich daher in diesem Text auf zwei Aspekte fokussieren, Steuern und Staatsausgaben. Dabei werde ich die Sicht der Modern Monetary Theory (MMT) vorstellen.

Geld ist kein begrenztes Gut!
Wo kommt Geld eigentlich her? Nach Analyse der MMT ist die Antwort so einfach wie überraschend, aus den Staatsausgaben. Das heißt, damit Geld in den Umlauf kommt, muss der Staat erst einmal Geld ausgeben. Die Staatsverschuldung - oder neutraler - das Staatsdefizit ist damit lediglich eine Zahl die zeigt, wie viel Geld innerhalb eines Jahres durch den Staat in Umlauf gebracht wurde. Ein Staatsüberschuss bedeutet demnach, dass Geld aus dem System entzogen wurde. Die berühmte schwarze Null führt also schlicht dazu, dass die Menge des Geldes im Wesentlichen gleich bleibt. Ob das gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage. Der sogenannte „Schuldenberg“ wiederum ist damit keine Last die irgendwann unsere Nachfahren ausbaden müssen. Sondern zeigt nur, wie viel Geld durch den Staat bereits in Umlauf gebracht und nicht durch Steuern und Abgaben wieder entzogen wurde.

Die realen Begrenzungen
Entgegen der aktuellen Diskussionen in denen alle Projekte „gegenfinanziert“ werden müssen, folgt aus der MMT eine andere Frage. Sind genug materielle Ressourcen und Arbeitskraft vorhanden, um das Projekt zu realisieren?
Das Geld ist also ein Werkzeug um all die großen Baustellen anzugehen: Infrastruktur, Bildung, Soziale Gerechtigkeit, Naturschutz, usw. Es braucht keine zermürbende Diskussion wo das Geld herkommt. Es braucht stattdessen mehr Diskussionen darüber, ob genügend Ressourcen und Kapazitäten vorhanden sind und wofür diese wann am besten eingesetzt werden sollten. Ein viel zitierter Satz von John Maynard Keynes fast das gut zusammen: „Anything we can actually do, we can afford.“ Mit einer Ergänzung werden wir auch den oben genannten Begrenzungen gerecht: „But we cannot do all those things at the same time.”
Zusammengefasst folgt aus der MMT also, dass Projekte durch reale Aspekte wie Ressourcen und Arbeitskraft begrenzt sind. Nicht jedoch durch einem Mangel an öffentlichem Geld. Mit dieser Sichtweise eröffnen sich an vielen Stellen neue Möglichkeiten, die mit der bisherigen Sicht unmöglich erscheinen, weil sie als nicht finanzierbar gelten.

Wozu sind Steuern dann noch notwendig?
Steuern sind in der Popkultur das Symbol des gierigen Staates, der den hart arbeitenden Bürgern etwas wegnimmt. In einer Demokratie kann man dieses Bild jedoch viel positiver besetzen. Wir haben uns als Gesellschaft entschlossen, gemeinsam dieses Land zu gestalten und dazu trägt jeder Bürger gemäß seinen Möglichkeiten bei, auch in finanzieller Hinsicht.
Dabei ist zu betonen, dass es nach den oben genannten Erkenntnissen bei Steuern NICHT darum geht den Staat zu finanzieren. Theoretisch könnte das ausschließlich über ein immer höheres Staatsdefizit erfolgen. Praktisch ist es aber durchaus sinnvoll, Geld über Steuern dem Kreislauf wieder zu entziehen, um eine langfristige Preisstabilität zu gewährleisten. Werden parallel Ausgaben für Allgemeingüter wie Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen getätigt, erfolgt damit eine Umverteilung. Dies hilft dabei die Ungleichheit in der Bevölkerung zu begrenzen und damit die Demokratie zu schützen. Ebenso können Steuern in der aktuellen Marktstruktur für Stabilität sorgen, mit der sogenannten „antizyklischen Wirtschaftspolitik“. In einer Boom Phase können Steuern vor einer Überhitzung schützen. In einer Rezession geht das Steueraufkommen tendenziell zurück und die Negativspirale wird gedämpft. Außerdem können Steuern schlicht dem Wortsinne nach zum Lenken genutzt werden. Wir können darüber diskutieren, was durch Steuern teurer und damit unattraktiv gemacht werden soll. Beispielsweise wird seit längerem über die Höhe der CO2-Steuer diskutiert. Hier wäre die paradox erscheinende Zielvorgabe, dass diese Steuer am Ende 0 € einbringt, weil kein CO2 mehr ausgestoßen wird.

Nicht mehr nach unten treten!
Mit der fundamentalen Erkenntnis, dass Sozialleistungen unabhängig von „Steuereinnahmen“ finanzierbar sind, ist auch das negative Bild der Sozialhilfeempfänger hinfällig. Sie liegen nicht mehr „dem Staat auf der Tasche“ oder belasten gar in unverschämter Weise „den Steuerzahler“. Im Sinne des Ressourcenverbrauchs kehrt sich das Bild sogar um. Hier liegen reiche Menschen „der Gesellschaft auf der Tasche“. Sie konsumieren viel mehr und leisten damit einen großen Beitrag zur ökologischen und sozialen Ausbeutung und binden viele Kapazitäten in Luxusbranchen.

Geld soll dem Gemeinwohl dienen!
Dies ist ein kleiner Ausschnitt aus der Welt der MMT. Beschäftigen Sie sich mit dieser alternativen Sichtweise zum Geld- und Finanzsystem und beurteilen Sie selbst, ob die darin gegebenen Erklärungen mehr Sinn ergeben, als die aktuell vermittelte Sichtweise. Und selbst wenn das aktuelle Geldsystem nicht so funktioniert wie es hier beschrieben ist. Wäre es nicht ein großartiges Ziel ein solches System zu haben? Das Geldsystem ist von Menschen erdacht, es kann also nach unseren Wünschen geändert werden. Lassen Sie uns nicht Diener des Geldes sein, sondern daran arbeiten, dass das Geld dem Gemeinwohl dienen kann!

Weiterführende Informationen:
- „Mythos Geldknappheit“ von Maurice Höfgen (2020)
- „Der Defizit-Mythos“ von Stephanie Kelton (2021)

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Wichtiger Hinweis:
Blogbeiträge stellen die persönliche Meinung einzelner Parteimitglieder dar. Diese kann in Einzelfällen von der Programmlage der Partei abweichend sein. Auch ist es möglich, dass zu einzelnen Themen und Aspekten in der ÖDP noch keine Programmlage existiert.